4.4 Aktionärsidentifikation
Autor: Nick Gradel, Investor Update
Die Aktionärsstruktur eines Unternehmens bleibt häufig weitgehend anonym. Dies muss jedoch nicht der Fall sein. Ein fundiertes Verständnis der eigenen Aktionäre zählt aus mehreren Gründen zu den Grundpfeilern einer erfolgreichen Investor-Relations-Strategie:
- Identifikation der wichtigsten Aktionäre bis auf Fondsebene sowie Analyse ihrer Kauf- oder Verkaufsaktivitäten, um gezielt Investoren für den Dialog und für Management-Access zu priorisieren.
- Einschätzung der Corporate-Governance-Positionen und potenzieller Stimmrechtsrisiken im Vorfeld von Generalversammlungen sowie Ermöglichung einer effizienten Abstimmungsanalyse.
- Früherkennung und Überwachung potenzieller aktivistischer Investoren.
- Nutzung einer präzisen Eigentümerübersicht für effektives Targeting von Institutionen, die bislang nicht investiert sind, jedoch im Vergleich zu relevanten Sektor-, Regional- oder Finanz-Peers ein hohes Potenzial aufweisen.
Ausgangspunkte für die Aktionärsanalyse
- Meldepflichtige Beteiligungen: Aktionäre gleich oder oberhalb bestimmter Schwellenwerte (in der Schweiz ab 3%) sind verpflichtet, ihre Positionen der SIX Swiss Exchange zu melden. Diese Informationen decken jedoch nur einen kleinen Teil der Eigentümerstruktur ab.
- Aktienregister: Diese bieten einen ersten Überblick und sind für inländische Investoren transparent, erfassen jedoch internationale Institutionen meist nur hinter Sammel- oder Nominee-Konten. Häufig handelt es sich dabei um mehr als 50 Global Custodians wie State Street, JPMorgan Chase oder UBS, die Aktien im Auftrag Dritter halten. Da internationale Investoren bei Schweizer Unternehmen in der Regel über 50% des Free Float ausmachen, entsteht hier eine erhebliche Informationslücke.
- Öffentliche Quellen und Filings: Viele Investoren – insbesondere in den USA – veröffentlichen ihre Positionen monatlich oder quartalsweise, welche in Datenbanken wie Bloomberg oder FactSet aggregiert werden. Diese Informationen sind hilfreich, bleiben aber oft unvollständig oder veraltet und erfassen in der Regel nur 30–60% des Free Floats. Hedgefonds, Broker-Positionen oder grosse Teile von Wealth- und Sovereign-Wealth-Kapital sind darin meist nicht enthalten.
Aktionärsidentifikation als wirksamste Lösung
nahezu vollständige Transparenz über die Aktionärsbasis zu erreichen. Durch regulatorisch gestützte Offenlegungsanfragen an Verwahrstellen und Investoren wird ein Eigentümerbild „von unten nach oben“ erstellt, das regelmässig 90–100% des Free Float erfasst.
Die meisten börsenkotierten Unternehmen führen solche Analysen regelmässig durch:
- Large Caps typischerweise quartalsweise,
- Small- und Mid Caps ein- bis zweimal jährlich.
In besonderen Situationen – etwa bei kontroversen GV-Anträgen, M&A-Transaktionen oder in aktivistischen Szenarien – wird die Frequenz häufig deutlich erhöht.
Letzte Aktualisierung am 22. September 2025