2.5 Corporate Governance und Managementvergütung
2.5.1 Richtlinie Corporate Governance
Emittenten haben in ihrem Geschäftsbericht unter anderem bestimmte Angaben über die Führung und Kontrolle auf oberster Unternehmens ebene zu machen (Corporate Governance). Welche Informationen zu publizieren sind, ergibt sich aus der Richtlinie Corporate Governance (RLCG). Die RLCG verpflichtet die Emittenten, Angaben über die Füh rung und Kontrolle auf der obersten Unternehmensebene ihrer Unternehmung zu publizieren oder substanziell zu begründen, weshalb bestimmte Angaben nicht publiziert werden (Grundsatz von «comply or explain»). Die einzelnen Angaben, die im Geschäftsbericht eines Emittenten in einem eigenen Corporate-Governance-Kapitel zu publizieren sind, sind im Anhang zur RLCG aufgeführt (weitere Informationen im ➔ Kapitel 8.4).
2.5.2 Managementvergütung
Wichtiger Teilaspekt der Kommunikation in Sachen Corporate Governance ist die Kommunikation betreffend Managementvergütung. Die rechtlichen Grundlagen dafür, wie die diesbezüglichen Informationen dargestellt werden müssen, finden sich zum einen in der Richtlinie Corporate Governance (RLCG, siehe auch vorhergehender Absatz) und zum anderen in der Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsen kotierten Aktiengesellschaften (VegüV) des Bundes, siehe ➔ admin. ch/opc/de/classified-compilation/20132519/index.html. Aktuell sind viele Firmen dabei, ESGFaktoren in die variable Vergütung auf zunehmen. Bei einer Neukotierung sollte dies von Anfang an berück sichtigt werden.
Mit der Einführung der VegüV 2014 hat die Kommunikation zur Generalversammlung eine markante Änderung erfahren, zumal seither zusätzliche Abstimmungen notwendig sind. Zu den Aufgaben der Investor Relations betreffend Managementvergütung gehören dabei:
- Mitarbeit und/oder Kenntnis am Vergütungsbericht, u. a. betreffend Transparenzgrad des Berichts respektive Darstellung zusätzlicher Informationen wie die realisierten Vergütungen der Geschäftsleitung; klare und verständliche Aufbereitung der Informationen
- Mitarbeit und/oder Kenntnis bei der Generalversammlung, u. a. betreffend Konzept der prospektiven und retrospektiven Abstimmungen und der freiwilligen konsultativen Abstimmung
- Beantwortung von Fragen von institutionellen Investoren und vor allem der Stimmrechtsberater; jeder hat dazu einen detaillierten Fragenkatalog
- Allenfalls IR-Roadshow zu Corporate Governance und Vergütungsthemen im Vorfeld der Generalversammlung respektive bei vorgesehenen Anpassungen zum Vergütungsmodell
- Kontakt mit Stimmrechtsberatern (Proxy Advisors) pflegen.
Die Kommunikation gewinnt besonders dann an Bedeutung, wenn sich Kritik abzeichnet. Als Warnsignal für den Verwaltungsrat wird allgemein verstanden, wenn die Zustimmung zum Vergütungsbericht an der Generalversammlung weniger als 80 Prozent beträgt. Zu den typischen Kritik punkten seitens Investoren und Stimmrechtsberater gehört, dass
- konkretere Angaben zu den Zielen fehlen und in Bezug auf die Zielerreichung lediglich allgemeine Auszahlungsniveaus beschrieben werden;
- das Vergütungssystem eine (zu) grosse Anzahl von Zielgrössen und Vergütungselementen umfasst;
- ganz allgemein die Zusammenhänge zwischen Performance und variabler Vergütung nicht klar nachvollziehbar sind.
- ESG-Aspekte im Vergütungsmodell nicht oder zu wenig stark berücksichtigt sind.
Änderungen in der Regulierung
Die SIX Exchange Regulation AG hat 2017 den Leitfaden zur RLCG über arbeitet und präzisiert, welche Informationen seitens Unternehmen zu veröffentlichen sind. Zu den Neuerungen gehört, dass, mit besserer Offenlegung, die Angemessenheit der gesetzten Leistungsanreize und die Gründe für die Entwicklung der Vergütungen besser beurteilt wer den können. Die Ausgestaltung der Vergütung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sei «in möglichst verständlicher und nachvollziehbarer Weise» offenzulegen (Ziff. 5.1 der RLCG). Dem Passus liegt das Bedürfnis nach mehr Transparenz über die Verbindung zwischen «Pay» und «Performance» zugrunde.
Neu beschrieben sind im Leitfaden zur RLCG zudem die Kriterien zur Entschädigungsfestsetzung. Werden solche angewandt, sind bestimmte Angaben zu diesen Kriterien und deren Gewichtung zu machen. Erfolgt die Gewichtung der Kriterien nach freiem Ermessen, ist darauf explizit hinzuweisen.
Allerdings darf angezweifelt werden, dass mit diesen Vorschriften das Grundproblem der schwachen oder nicht existenten Korrelation zwischen «Pay» und «Performance» behoben werden kann. Die Höhe der zugesprochenen VR- und CEO-Vergütungen hängt, in der Schweiz und international, eng mit der Marktkapitalisierung zusammen, aber nicht mit der unternehmerischen Performance im Zeitverlauf. Ursache dafür ist nicht der Vergütungsbericht, sondern das Vergütungsmodell.