Der Erfolg von IR­-Massnahmen lässt sich nur schwer objektiv nachweisen.

Denn die Kontrolle von Erfolg setzt immer einen kausalen Zusammen­hang von Massnahme und Wirkung voraus. Dieser ist in der Kommuni­kation selten zweifelsfrei festzustellen.

Welche Qualität hat die IR-­Kommunikation? Welche Effekte ruft sie her­ vor: Zufriedenheit, Vertrauen, Investorenbindung? Wie sinnvoll werden Budgets eingesetzt? Eine isolierte Messung der Wirkung ist in der Pra­xis kaum möglich und die Operationalisierung der Zielgrössen hat sich als problematisch erwiesen. Es stehen kaum geeignete Messmodelle und ­-instrumente zur Verfügung. Tatsächlich können Wirkungszusam­menhänge heute meist nur vermutet werden. Ein über die Erfolgsmes­sung hinausgehendes systematisches Controlling der Investor Relations existiert nicht. Ein «Return on Investment», welcher die Zuordnung von Kosten und Erträgen auf einzelnen Massnahmen erlaubt, ist aufgrund der beschriebenen Problematik aktuell nicht realisierbar.

Gleichwohl gibt es Versuche und Wege, welche eine IR­-Erfolgs­kontrolle mittels systematischer Beschaffung von möglichst objektiven Daten zur Effektivität der durchgeführten Massnah­men aufzeigen. Empirische Untersuchungen für den Aktienmarkt in den USA zeigen, dass die Börsenbewertung von Unternehmen mit einer guten Finanzpublizität im Vergleich zum Branchen­ durchschnitt signifikant höher ist und diese Unternehmen eine tiefere Volatilität aufweisen.

Definierte Strategie und Ziele als Basis der Erfolgsmessung

Es soll zunächst festgestellt werden, ob sich die Investitionen in die Pflege der Aktionärsbeziehungen hinsichtlich der definierten Ziele lohnen und ob sie zweckmässig sind. Dazu gilt es, die Wirkung sowohl einzelner Instrumente als auch des Gesamtprogramms auszuwerten. Hier zeigt sich erneut die Relevanz einer strategischen Zielsetzung für Investor Relations: Die Erfolgsmessung überprüft primär die vorab definierten IR­-Ziele, und die Identifikation geeigneter Erfolgsmasse hängt entscheidend von den definierten Zielgrössen ab.

Was soll überhaupt gemessen werden? Anhaltspunkte geben die Hilfs­grössen für Erfolgskontrolle und die Ebenen der Erfolgsmessung, siehe die beiden nachstehenden Darstellungen.

 

Erfolgskontrolle von IR-Massnahmen
Kriterien für eine aktienmarktbezogene Erfolgskontrolle
Kriterien für eine publizitätsbezogene Erfolgskontrolle
Entwicklung der Grösse und Zusammensetzung des Aktionärskrei­ses (insbesondere Engagement institutioneller Investoren nach IR-Aktivitäten)Zahl der IR-­Veranstaltungen und IR-Gespräche
relative Aktienkursentwicklung zum Gesamtmarkt­ und zur Branche (Analyse der Dividendenrendite, PER, PCFR und PBR)Informationsnachfrageverhalten, Verständnis der vermittelten Informationen sowie Wissensstand über die Gesellschaft bei den Multiplikatoren und Investoren
Entwicklung der titelspezifischen Volatilität im Branchen­ und Zeitvergleich
 
Informationsnachfrageverhalten, Verständnis der vermittelten Informationen sowie Wissensstand über die Gesellschaft bei den Multiplikatoren und Investoren-Aufnahme/Beurteilung der durchgeführten IR-­Aktivitäten in der Financial Community (u. a. mittels Teilnehmerzahlen an Anlässen, geäusserte Kritik, Feedback)
Entwicklung der Börsenumsätze vor und nach IR-­Aktivitäten (z. B. Finanzanalystentreffen, Pressekonferenzen, Roadshows etc.)IR­-Rating durch unabhängige Institutionen (z. B. FuW, pro Swiss Invest, SVFV)
Engagementbereitschaft der Investoren anlässlich von Kapital­erhöhungen und bei AktionärsoptionenZahl/Häufigkeit sowie inhaltliche Qualität der über das Unterneh­men verfassten Gesellschaftsstudien und Presseberichte sowie geäusserter Titelempfehlungen
Anlagetreue der Investoren in Krisensituationen bzw. bei rück­läufiger Entwicklung der Ergebnisse und BörsenkurseBekanntheitsgrad/Finanzimage der Gesellschaft in der Financial Community
 Prognosegenauigkeit der von Analysten veröffentlichten Gewinnschätzungen

Hilfsgrössen für die Erfolgskontrolle von IR-Massnahmen, Quelle: Drill1

Aktienmarkt­ und publizitätsbezogene Hilfsgrössen können nur dann Hinweise auf den Erfolg der IR-­Massnahmen geben, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg ermittelt werden. Denn kurzfristig ist der Aktienkurs viel stärker von der allgemeinen Marktstimmung, von Trends und der Konjunktur als von den IR abhängig.

 

Ebenen der Erfolgsmessung von Investor Relations
Ebenen der Erfolgsmessung, Quelle: Porak

Auf welchen Ebenen kann der Erfolg der IR beurteilt werden?

  • Auf der Output­-Ebene wird die reine «Produktionsleistung» der IR-­Kommunikation quantitativ gemessen. Dies umfasst z. B. die Anzahl Investorenkontakte, Telefonkonferenzen oder Besuche auf der IR­-Website.
  • Auf der Outgrowth­-Ebene wird die Wahrnehmung durch die Zielgruppen quantitativ und qualitativ erhoben. Wurde die Kommunikationsleistung wahrgenommen und wie wurde sie verstanden?
  • Auf der Outcome­-Ebene wird die Auswirkung der Information auf die Einstellung und das Verhalten der Zielgruppe geprüft. Messinstrumente sind u. a. die Wahrnehmungsanalyse (siehe nachfolgendes ➔ Kapitel 7.3).
  • Zuletzt kann auf der Outflow­-Ebene untersucht werden, welchen Einfluss die Veränderung von Einstellungen und Verhalten auf die Wertschöpfung und den Unternehmenswert hat.

Zu bemerken ist, dass sich die aktuell praktizierten Methoden mehr­ heitlich im Bereich der Leistungsmessung bewegen und sich nicht mit dem eigentlichen Erfolg auseinandersetzen (Outcome und Outflow).

Allgemein gilt, dass nur durch kontinuierliche und langfristige IR­-Arbeit ein Erfolg zu erwarten ist. Mittels kurzfristiger Aktionen, die von Fall zu Fall, etwa unmittelbar vor einer Kapitalerhöhung, betrieben werden, ist das Vertrauen der Investoren kaum zu gewinnen und eine systema­tische Erfolgsmessung unmöglich.

Im Rahmen einer pragmatischen und sinnvollen Umsetzung der Erfolgs­messung können nachfolgende quantitative und qualitative Mess­grössen beigezogen werden. Sie liefern jedoch nur ein grobes, oft nicht repräsentatives Bild des Erfolgs der IR. Zudem fehlt ihnen die Kausalität. Beinahe alle Methoden vernachlässigen die Aufnahme­ und Entscheidungsprozesse der Akteure am Kapitalmarkt, deren Verhalten jedoch ausschlaggebend für die Beurteilung des Unternehmens und damit den Erfolg der IR ist. Eine Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden erscheint daher anstrebenswert.

Quantitative Messgrössen

  •  Aktienkurs: Performancevergleich mit einer Peergroup oder führendem Index
  • Volatilität: Schwankung einer Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt
  • Kapitalkosten: erlauben indirekten Rückschluss auf die IR
  • Investoren-­Mix: Privatanleger besitzen grundsätzlich weniger Anteile als institutionelle Anleger, neigen jedoch dazu, ihre Bestände für einen viel längeren Zeitraum zu halten, was zur Ver­ringerung der Preisvolatilität beiträgt. Insider-­Investoren haben tendenziell extrem lange Haltefristen.
  • Investoren nach geografischer Verteilung: Der Erfolg einer Road­ show kann anhand der geografischen Verteilung der Aktionäre gemessen werden. Die Analyse kann ebenfalls zur nächsten Road­-show­-Planung verwendet werden (zum Beispiel in einem Gebiet mit bisher wenigen Aktionären).
  • Käufe und Verkäufe: Wichtige Zu­ und Abgänge im Aktienregister und gemäss Meldepflichten von SIX sollten systematisch erfasst werden.
  • Geld­-Brief­-Spanne: Investoren möchten die Transaktionskosten für den Kauf und Verkauf von Aktien kennen.
  • Durchschnittliche Haltedauer: Ziel der IR ist es, die Haltezeiten zu erhöhen und die Volatilität zu senken.
  • Wertpapiere im Umlauf: Die Anzahl verfügbarer Aktien für den Handel beeinflusst die Preisstabilität. Sind viele Papiere im Markt handelbar, können grosse tägliche Handelsvolumina bewältigt und dadurch die Preisstabilität erhöht werden. Dies wiederum steigert die Attraktivität der Aktie.
  • Handelsvolumen: Durch regelmässige Roadshows kann das Handelsvolumen langfristig erhöht und dadurch die Liquidität gesteigert werden.

Weitere quantitative Kennzahlen finden sich im Buch von Steven Bragg, Seite 225 ff.2

Qualitative Messgrössen

  • Wahrnehmungsanalysen (Befragung von Kapitalmarktteil­nehmern)
  • Analystenabdeckung: Analystenberichte sind ein Verkaufs­instrument für Aktien. Ziel der IR ist eine möglichst breite Research­-Abdeckung des Unternehmens.
  • Anzahl und Zusammensetzung der Teilnehmer an Broker­ Konferenzen, Telefonkonferenzen und Investorentagen (spiegelt Interesse an Unternehmen wider)
  • Inhaltsanalyse von Research-­Berichten der Sell­-side (Untersuchung der Abweichungen)
  • Nutzung der IR­-Webseiten (Zugriffsstatistik und inhaltliche Qualitätsbeurteilung)
  • Jährlich publizierte IR-­Ratings von Organisationen und Medien

1

Drill, Michael: Investor Relations. Funktion, Instrumentarium und Management der Beziehungspflege zwischen schweizerischen Publi­kums­-Aktiengesellschaften und ihren Investoren, Haupt, Bern, 1995

2

Bragg, Steven M.: The Investor Relations Guidebook, 4th edition, Centennial, Colorado, 2020

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