1.4 IR-Strategie
1.4.1 Unternehmensstrategie
Zunächst leitet sich die IR-Strategie ab aus der Unternehmensstrategie. Wichtige Elemente sind dabei:
Wachstumsstrategie
- Wachstumsambitionen
- Finanzierung des Wachstums, über den Mittelzufluss aus operativer Tätigkeit hinaus
- Wahrscheinlichkeit von Kapitalerhöhungen oder M&A-Transaktionen mit eigenen Aktien als Kaufpreiselement
- Geografische Expansion – kann Einfluss auf zukünftige Investorenbasis haben
Investorengerechtes Finanzmanagement
- Titelpolitik (Namen vs. Inhaberaktie; verschiedene Aktienkategorien)
- Emissionspolitik
- Dividendenpolitik
- Börsenpolitik
Corporate Governance
- Unabhängigkeit des Verwaltungsrates
- Führungs und Unternehmenskultur
- Konzept für Managementvergütung
Kommunikationsstrategie
- Relevanz des (IR-)Brandings für den Unternehmenserfolg
- Transparenzgrad
In der IR-Strategie wird definiert, welche IR-Ziele über das Erfüllen der gesetzlichen Vorgaben hinaus angestrebt werden sollen und wie dies geschehen soll. Ausgangspunkt dafür ist eine saubere Analyse, siehe nachstehende Darstellung.
Analysethemen der Investor Relations
Aktienmarktanalyse
- Tägliche Kurs und Börsenumsatzentwicklung der eigenen Titel
- IR-Aktivitäten vergleichbarer Gesellschaften
- Entwicklung der Aktien und sonstigen Kapitalmärkte (u. a. Dividendenrendite, PER, PCFR und PBR in der Branche)
- Konjunkturelles, politisch-rechtliches und gesellschaftliches Umfeld
- Anlagepotenzial der unterschiedlichen Finanzplätze und Investorentypen
Investorenanalyse
- Breite und Identität der Aktionärsbasis (Gesamtzahl, Name, Anschrift, Engagement, Anlagevolumen der Aktionäre)
- Struktur der Aktionärsbasis nach Investorentypen (individuelle/institutionelle Investoren), Grössenklassen, Heimatsitz (Region, Ausland), ESG-Strategien etc.
- Engagementdauer der Investoren; Engagementänderungen bei Investoren
- Tägliche Identifikation von Käufern und Verkäufern grösserer Volumina sowie Ermittlung der Motive für den Anlageentscheid
- Identifikation potenzieller institutioneller Investoren, die sich in Aktien der gleichen Branche und/oder des Heimatlandes engagieren
- Anlageverhalten, Anlagetreue, Anlageziele, Risikoeinstellung, Aktionärsaktivismus gegenwärtiger und potenzieller Investoren (-gruppen)
- Informationsbedürfnisse, Interessen und Erwartungen der individuellen und institutionellen Investoren hinsichtlich der IR-Arbeit der Gesellschaft
Multiplikatorenanalyse
- Identifikation der massgeblichen Multiplikatoren, die das Unternehmen regelmässig mit Gesellschaftsstudien und Presseberichten verfolgen
- Informationsanforderungen, Interessen und Erwartungen der Multiplikatoren hinsichtlich der IR-Arbeit der Gesellschaft
Unternehmensanalyse
- Chancen/Risiken- und Stärken/Schwächen-Profil des Unternehmens unter expliziter Berücksichtigung der eingeschlagenen und geplanten Strategien
- Finanzielle und strategische (zukunftsbezogene) Unternehmensbewertung (DCF-Methode); Einschätzung der Angemessenheit der Börsenbewertung
Analysenraster, Quelle: Drill1
Grundsätze der Kommunikationspolitik
Grundsatz der Zielgruppenorientierung
- Zielgruppengerechter Einsatz der Kommunikationsinstrumente
- Genaues Zuschneiden der Kommunikationsinhalte auf die Informationsbedürfnisse der einzelnen Zielgruppen
Grundsatz der Gleichbehandlung
- Sinngemäss gleiche Auskünfte auf gleiche Fragen sowie zeitgleiche Unterrichtung der Zielgruppen mit neuen, kursrelevanten Informationen (Insiderproblematik)
- Keine bewusste Bevorzugung oder Diskriminierung bestimmter Zielgruppen oder einzelner Mitglieder der Financial Community
Grundsatz der Wesentlichkeit
- Klares, verständliches und kompaktes Vortragen wesentlicher neuer Informationen
- Kein Vortragen für die jeweilige Zielgruppe unwesentlicher Details
Grundsatz der Kontinuität
- Regelmässige Kommunikation mit der Financial Community
- Gleichbleibende, jederzeit verfügbare Kommunikatoren im Unternehmen
Grundsatz der zeitlichen Nicht-Kommunikation
- Verzicht auf IR-Aktivitäten während einer «quiet period»
- Zurückhalten noch nicht öffentlich bekannter, kritischer Informationen bis zum vorgesehenen Veröffentlichungstermin (z. B. geplante M&A-Transaktion)
Grundsatz der «Corporate Communications»
- Inhaltliche Abstimmung der Finanz mit der übrigen Unternehmenskommunikation zur Sicherstellung einer kohärenten Gesamt-Unternehmenskommunikation
- Äusserliche Übereinstimmung der Finanz- mit der übrigen Unternehmenskommunikation zur Sicherstellung eines einheitlichen Erscheinungsbilds
IR-Grundsätze, Quelle: Drill1
Was den Grundsatz der zeitlichen Nicht-Kommunikation betrifft, sei auf die regulatorischen Vorgaben und insbesondere die Ad-hoc-Kommunikation verwiesen (siehe ➔ Kapitel 8.6).
1 | Drill, Michael: Investor Relations. Funktion, Instrumentarium und Management der Beziehungspflege zwischen schweizerischen Publikums-Aktiengesellschaften und ihren Investoren, Haupt, Bern, 1995 |