1.2 Definition und Ziele
Investor Relations sind eine Spezialdisziplin der Unternehmenskommunikation.
Das US-amerikanische National Institute of Investor Relations definiert den Kern dieser Tätigkeit dabei wie folgt (Definition vom März 2003, siehe ➔ niri.org/about-niri): «Investor relations is a strategic management responsibility that integrates finance, communication, marketing and securities law compliance to enable the most effective two-way communication between a company, the financial community, and other constituencies, which ultimately contributes to a company’s securities achieving fair valuation.»
Mit diesem Satz ist das Ziel auf den Punkt gebracht: «Investor Relations» nehmen Einfluss auf die Bewertung. Diesbezüglich offener ist die jüngst überarbeitete Definition des deutschen Fachverbandes DIRK (➔ www.dirk.org): «Investor Relations (IR) bezeichnet die strategische Managementaufgabe, Beziehungen des Unternehmens zu bestehenden und potenziellen Eigen- und Fremdkapitalgebern sowie zu Kapitalmarktintermediären zu etablieren und zu pflegen.»
Die nachfolgende Grafik stellt die Zielgrössen der Investor Relations detaillierter dar.
Zielgrössen der Investor Relations
IR-Instrumentalziele sind Mittel für | Ziele der Investor Relations sind Mittel für | Übergeordnete Ziele von |
| IR-Oberziel Optimierung der Börsenbewertung im Sinne einer
Spezielle IR-Ziele
| Steigerung des Shareholder Value
Optimierung der Eigenkapitalfinanzierung
Unterstützung sonstiger Unternehmensziele
|
IR-Ziele, Quelle: Drill1
Auf eine Finesse in der Grafik sei hingewiesen: Mittel zum Zweck der Steigerung des Shareholder Value (ein inzwischen in Verruf gekommenes Konzept, doch der Begriff ist in seiner eigentlichen Bedeutung als «Unternehmenswert» nach wie vor zutreffend) ist eine faire Bewertung. Mit den Investor Relations sollen also der Status quo transparent beschrieben und realistische Erwartungen geweckt werden, im Sinne einer langfristig maximal haltbaren Bewertungshöhe und einer angemessenen Bewertungsstabilität. Unrealistische Prognosen und leere Versprechen sind hingegen nicht die «idée de manœuvre».
Sind es aber nicht vielmehr die Strategie und deren Umsetzung, die auf dem Leistungsausweis des Managements beruhen und sich in harten Zahlen niederschlagen, für die faire Bewertung ausschlaggebend? Wozu noch viel Arbeitskraft und Geld in eine Tätigkeit stecken, die für die Wertentwicklung eines Unternehmens peripher ist? Die Antwort hängt von der Situation des Unternehmens ab. Finanziert eine Firma ihre Strategie aus dem operativen Cashflow und verfügt über einen Kernaktionär, der vor Übernahmen schützt, wird sie die Mittel wohl besser in die Forschung oder den Absatzmarkt investieren. Befindet sich die Firma jedoch auf einem steilen Wachstumspfad und braucht sie früher oder später frisches Kapital oder verfügt sie über ein zersplittertes Aktionariat, hat sie ein strategisches Interesse an einer möglichst hohen Bewertung und einem guten Renommee am Kapitalmarkt. Dazu können Investor Relations zumindest teilweise beitragen.
Wie die in der Grafik genannten kommunikationspolitischen Ziele er reicht werden können, wird in diesem Handbuch detaillierter beschrieben. Dass dabei Management und Kommunikationsaufgaben ineinander greifen, wird mit der nachstehenden Grafik dargestellt.
Senkung der Kapitalkosten als Ziel der Investor Relations
Investor Relations, verstanden als Teil der strategischen Unternehmensführung und als Brennpunkt von Unternehmensstrategie, Corporate Governance, Corporate Finance und Unternehmenskommunikation, steuern die Erwartungen der Investoren. Wer weiss, wie die Investoren ticken, und ihre Rolle anerkennt, wird ihre Ansichten bei zentralen Fragen der Unternehmenssteuerung, etwa bei der Bestimmung von Strategie und Kapitalallokation durch Verwaltungsrat und Management, angemessen berücksichtigen, und die Kommunikation bedürfnisgerecht steuern.
Milchbüchleinrechnung zum Wert von Investor Relations
Es sei angenommen, eine Firma plane eine grössere Akquisition und hätte dafür in spätestens fünf Jahren einen Kapitalbedarf von CHF 100 Mio., der via Kapitalerhöhung finanziert werden müsste. Auch sei angenommen, es liesse sich mit professionellen Investor Relations eine Bewertungsprämie von 5 Prozent erzielen – Untersuchungen legen mindestens diesen Wert nahe. In dem Fall würde sich die Festanstellung zweier erfahrener IR-Mitarbeitender auszahlen (sprich: ca. CHF 500 000 p. a.). Das Unternehmen hätte bei erfolgreicher Kapitalerhöhung immer noch über CHF 2 Mio. mehr in der Kasse. Und wäre zudem besser aufgestellt, wenn es in eine Krise geraten sollte.
1 | Drill, Michael: Investor Relations. Funktion, Instrumentarium und Management der Beziehungspflege zwischen schweizerischen Publikums-Aktiengesellschaften und ihren Investoren, Haupt, Bern, 1995 |
2 | Streuer, Olaf: IR Basics – Grundlagen der Investor Relations, Präsentation an DIRK-Konferenz, Frankfurt a.M., 2016 ➔ https://www.dirk.org/wp-content/uploads/2020/11/170612_IR-Basics_Streuer_Grundlagen_IR.pdf |