11.1 Ausgangslage und Kontext
Für börsenkotierte Unternehmen ist Schweigen zum Thema Nachhaltigkeit keine Option. Sprechen sie über Nachhaltigkeit, setzen sie sich dem Generalverdacht des Greenwashing aus. Zugleich zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass nur ein Bruchteil der heute als nachhaltig bezeichneten Unternehmen und Investments den jeweils herangezogenen Nachhaltigkeitsstandards entspricht. Greenwashing betrifft nicht nur das Marketing, sondern die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens von der obersten Führungsebene über den Betrieb bis zum Finanz- und zum Produktmarkt.
Die Reputations- und Rechtsrisiken von Publikumsgesellschaften werden noch dadurch verschärft, dass der Begriff des Greenwashing mindestens so offen ist wie jener der Nachhaltigkeit, die Dichte von nachhaltigkeitsbezogenen Standards und Regulierungen exponentiell zunimmt und die Datenlage notorisch schwierig ist. Und schliesslich haben Regulatoren weltweit, vor allem in der EU1 und auch in der Schweiz2, im Namen der Kanalisierung der Kapitalströme in nachhaltige Tätigkeiten und des Schutzes des Vertrauens der Anlegerinnen und Anleger, dem Greenwashing den Kampf angesagt.
Die folgenden Kapitel beschreiben (1) die sich abzeichnenden Eckpunkte einer Definition von Greenwashing, (2) die rechtlichen Risiken, (3) die sich daraus ergebenden Präventionsmassnahmen für Publikumsgesellschaften in der Schweiz und fassen schliesslich (4) die Ergebnisse zusammen.
1 | Vgl. EU-Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852, Erw. 8, 9, 11 |
2 | Bundesrat, Standpunkt bezüglich Greenwashing-Prävention im Finanzsektor vom 16. Dezember 2022, S. 1 |