12.1 Kontext der Finanzwirtschaft als «Enabler» der Nachhaltigkeitsziele

Das Pariser Klimaabkommen der internationalen Staatengemeinschaft (2015) sowie die Sustainable Development Goals der UNO (SDGs; 2016) sind zentrale Elemente auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft. Die beiden globalen Zielsysteme führten dazu, dass sowohl die EU wie auch die Schweiz ambitionierte Klima- und Nachhaltigkeitsziele in ihren jeweiligen Gesetzgebungen verankerten. Die EU hat den sogenannten «Green Deal» verabschiedet, einen umfassenden Plan für den Umbau der Wirtschaft, und die Schweiz hat insbesondere durch einen Volksentscheid das Netto-Null-Ziel im Klima- und Innovationsgesetz verankert. Das Obligationenrecht wurde zudem aufgrund der Konzernverantwortungsinitiative um Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten zu Nachhaltigkeitsthemen ergänzt.

Sowohl die Schweiz wie auch andere Länder betrachten die Finanzwirtschaft als einen wichtigen «Enabler», wenn es darum geht, die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele in die Tat umzusetzen. Klar ist aber auch, dass die Transition letztlich in den Sektoren erfolgen muss, die primär für die Emissionen verantwortlich sind. Die Finanzwirtschaft vermag dabei in ihrer Funktion als Intermediär ihre Kunden aktiv zu unterstützen und – wo notwendig – auch Druck auszuüben, damit Geschäftsmodelle an die nationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele angepasst und das Pariser Klimaabkommen erfüllt werden können. Die EU hat zu diesem Zweck ein umfangreiches Sustainable Finance Regelwerk in Kraft gesetzt. Die EU-Taxonomie, welche definiert, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten das Prädikat «grün» verdienen, und die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), welche regelt, wie Kunden über die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen transparent informiert werden, bilden die Kernelemente des besagten Regelwerkes. Mit der Omnibus-Initiative will die EU bestimmte Regelwerke, darunter auch die EU-Taxonomie, vereinfachen.

In der Schweiz hat der Bund die Swiss Climate Scores entwickelt, welche die Vergleichbarkeit der Klimaverträglichkeit von Fonds erlauben sollen. Die FINMA hat in ihrer Aufsichtsmitteilung 05/2021 zur Prävention und Bekämpfung von Greenwashing über die Grundzüge ihrer Erwartungen und den aktuellen Stand der Praxis bei der Verwaltung von kollektiven Kapitalanlagen mit Nachhaltigkeitsbezug auf Fonds- und Institutsebene informiert. Die Finanzverbände haben Selbstregulierungen zu nachhaltigen Investments eingeführt, die bezüglich Herstellung und Transparenz Vorgaben zu nachhaltigen Anlagen machen. So hat die Schweizer Bankiervereinigung (SBA) insbesondere Leitlinien für Finanzdienstleiter zur Integration von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken in die Anlageberatung und das Portfoliomananagement publiziert (2023/2024). Die Asset Management Association Switzerland (AMAS) hat eine Selbstregulierung zur Transparenz und Offenlegung für nachhaltige kollektive Vermögensanlagen erarbeitet (2023/2024). Gemäss dieser Selbstregulierung qualifizieren die alleinige Anwendung des Nachhaltigkeitsansätze ESG-Integration bzw. Ausschluss nicht als nachhaltige Anlage, mindestens 70% der Vermögenswerte müssen das Anlageziel der Ausrichtung bzw. des Beitrags zu Nachhaltigkeitszielen verfolgen, der Fondsvertrag bzw. -prospekt muss Nachhaltigkeitsziele aufführen, zur Fortschrittmessung der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele müssen Kennzahlen verwendet werden und über die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ist Bericht zu erstatten. Auch der Schweizerische Versicherungsverband (SIA) hat eine Selbstregulierung zur Verhinderung von Greenwashing bei nachhaltigen fondgebundenen Lebensversicherungen und der Schweizerische Pensionkassenverband (ASIP) einen ESG-Reporting-Standard (2022/2024) sowie eine ESG-Wegleitung für Pensionkassen (2022).

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