9 CO2-Entfernungs- und Speicherungszertifikate für Netto-Null-Ziel
Text übernommen und angepasst von: Carbonfuture, «Carbon Removal for Net-Zero: A Strategic Guide for Corporate Sustainability» (Autoren: Kevin Hatman, Dominic Lüdin, Theresa Rößler Lead, Leila Toplic)
Letztes Update: 2. Mai 2025
Einleitung
Da sich die Fristen für die Erreichung von «Netto-Null» für viele Unternehmen noch vor 2050 mit grossen Schritten nähern, stehen die Verantwortlichen für Nachhaltigkeit in den Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Klimaziele in wirksam Massnahmen und erfüllbare Teilziele umzusetzen. Die kontinuierliche Verringerung der CO2-Emissionen ist von oberster Bedeutung, doch ist die Beseitigung aller Emissionen für die meisten Branchen nahezu unmöglich. Um die Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen sowohl die Emissionen reduziert als auch Kohlendioxid (CO₂) aktiv aus der Atmosphäre entfernt werden.
Warum dauerhafte CO2-Entnahme (Carbon Dioxide Removal = CDR) wichtig ist
Dauerhafte CDR ist für die Stabilisierung des globalen Klimas/der globalen Durchschnittstemperatur unerlässlich. Dabei wird biogenes CO2 (siehe den Unterschied zu fossil basiertem CO2 und Carbon Capture und Storage in einem späterem Abschnitt dieses Artikels) aus der Atmosphäre oder der Biosphäre entnommen und für mindestens mehrere Jahrhunderte oder länger in z.B. geologischen Speicherstätten, dauerhaften Produkten (wie z.B. Zement) oder durch Mineralisierung in Gesteinsschichten permanent eingeschlossen. Die frühzeitige Integration dauerhafter CDRs in die Netto-Null und die strategischen Beschaffungs- und Risikominimierungsstrategien von Unternehmen hilft diesen, eine stabile Versorgung mit hochwertigen CDR-Zertifikaten zu stabilen Preisen zu gewährleisten und den regulatorischen Verpflichtungen auf nationaler (siehe z.B. Schweizer Klima- und Innovationsgesetz), regionaler (siehe z.B. EU CSRD) und internationaler Ebene (siehe z.B. UN Paris Abkommen Art.6) voraus zu sein und potentielle Wettbewerbsnachteile zu minimieren.
Verständnis der dauerhaften CDR
Die CO2-Entnahme an einer biogenen Punktquelle (z.B. eine Kehrrichtverbrennungsanlage, einer Biogasanlage oder auch direkt aus der Luft) und die anschliessende langfristige Speicherung von CO₂ verhindert dessen erneute Freisetzung in die Atmosphäre. Im Gegensatz zur CO2-Vermeidung, die den Ausstoss von neuen/zusätzlichen Emissionen verhindert, entfernt dauerhaftes CDR langfristig aktiv das atmosphärische CO₂.
Kurzfristige vs. Dauerhafte CO2-Entfernung und -Speicherung (CDR)
Die dauerhafte CO2-Entfernung und -Speicherung extrahiert CO₂ aus der Atmosphäre und speichert es in stabiler/permanenter Form und gewährleistet eine messbare und überprüfbare langfristige Speicherung. Die kurzfristige CO2-Entfernung und -Speicherung hingegen kann keine dauerhafte CO2-Speicherung gewährleisten, dies sind CDR Methoden, die CO2 in Ökosystemen speichern, die durch Entwaldung, Waldbrände oder Landnutzungsänderungen rückgängig gemacht werden können.
Es ist wichtig zu betonen, dass sowohl CO2-Vermeidung, als auch CO2-Entfernung und Speicherung, sowie beide CDR Typen/Technologien (kurzfristige und dauerhafte CDRs), unerlässlich sind, um die globale Klimaerwärmung einzudämmen, jedoch ist der Investitionsstartpunkt und das Investitionsvolumen über die Zeitschiene für diese unterschiedlichen freiwilligen CO2-Zertifikate entscheidend (siehe: Like-For-Like Prinzip), welches nicht nur den Preis/Tonne, sondern auch die Dauer der CO2-Speicherung eines CO2-Zertifikates als Investitionsentscheidungsmerkmal berücksichtigt.
Ein Portfolio-Ansatz
Ein Portfolio-Ansatz von CO2-Entferungs- und Speicherungszertifikaten (CDRs) innerhalb eines Gesamtportfolios von Vermeidungs- und CO2-Entferungszertifikaten beinhaltet die gestaffelte Integration von diversen kurzfristigen und dauerhaften CDR und Technologien einem Netto-Null Absenkungs- und Aufbaupfad (siehe dazu als Beispiel Netto-Null Fahrpläne vom BAFU und BFE). Auf diese Weise können Unternehmen Ihr sogenanntes Beyond Value Chain Mitigation (BVCM) oder Netto-Null CO2-Projekte-Portfolio diversifizieren und eine langfristige Kosten- und Budgetplanung aufstellen und potentielle Risiken durch eventuelle Lieferengpässe oder -verzögerungen mindern.
Die wichtigsten derzeit verfügbaren dauerhaften CDR-Technologien
- Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (zu Englisch Bioenergy with Carbon Capture and Storage = BECCS): Wandelt Biomasse in Brennstoffe oder Elektrizität um, wobei das dabei entstehende CO₂ aufgefangen/abgeschieden und gespeichert wird.
- Direkte Abscheidung und Speicherung von CO2 aus der Luft (zu Englisch Direct Air Capture and Storage = DACCS): Fängt CO₂ direkt aus der Atmosphäre auf und speichert das CO2 permanent entweder in geologischen Speicherstätten oder durch die permanente Speicherung in Baumaterialien.
- CO2-Entnahmemit Pflanzenkohle (zu Englisch Biochar Carbon Removal = BCR): Durch Pyrolyse wird aus bereits vorhandener Biomasse Pflanzenkohle erzeugt. Diese Technologie bietet besonders positive Nebeneffekte für die nachhaltige Entwicklungsförderung vor Ort (zu Englisch contribution to the UN Sustainable Development Goals (SDGs) wie verbesserte Bodenfruchtbarkeit und die Förderung von erneuerbare Energie.
- Beschleunigte Gesteinsverwitterung (zu Englisch Enhanced Rock Weathering = ERW): Verwendet zerkleinertes Silikatgestein, um dieses mit CO₂ und Regenwasser reagieren zu lassen und so den natürlichen CO2-Speicherungsprozess zu beschleunigen und die Speicherkapazität zu erhöhen. Das CO2 ist bei dieser Technologie für Tausende von Jahren gespeichert.
Warum Ihr Unternehmen bereits heute in dauerhafte CDR-Zertifikate investieren sollte
Die Bewältigung der Klimakrise erfordert innovative und dauerhafte CDR Technologien.. Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, die Versorgungssicherheit ab 2050 sicherzustellen und das CDR Angebot massiv zu skalieren. Um eine globale Netto-Null-Zukunft zu erreichen, müssen wir die CDR Kapazitäten stand heute und nach Schätzungen mindestens um das 5.000-fache steigern. Dies erfordert heutige Investitionen in sogenannte, katalytische Negative-Emissions-Technologien (NETs), damit diese im grossen Stil skaliert und repliziert werden können.
Für Unternehmen bedeutet dies: Eine frühzeitige Investition in CDR-Zertifikate durch Teilzielsetzungen, angefangen bereits vor 2030, ist unerlässlich, , um ihre Netto-Null-Ziele zu erreichen, sich die Verfügbarkeit und stabile Preise zu sichern und vor allem um sich auf zukünftige Regulierungen frühzeitig vorzubereiten, um zukünftige zusätzliche Kosten zu vermeiden.
Die strategische Partnerschaft von SIX und Carbonfuture
Im Jahr 2024 tätigte SIX eine strategische Investition in Carbonfuture, einem weltweit führenden Anbieter digitaler Infrastruktur für den dauerhaften CDR Markt.
Gemeinsam entwickeln SIX und Carbonfuture ein zuverlässiges, skalierbares und integritätsorientiertes Ökosystem für Carbon Dioxide Removal, CDR. Mit dieser strategischen Investition tritt SIX in diesen wachsenden CDR Markt ein, mit dem Langzeitziel CO2-Zertifikate als eine neue Anlageklasse zu entwickeln. Darüber hinaus unterstützt SIX seine Kunden auf ihrem Weg zur «Netto-Null» durch die Bereitstellung hochwertigen, dauerhaften CDR-Zertifikaten über die Carbonfuture-Plattform.
Carbonfuture ist auf das Monitoring, Reporting und die Verifizierung (MRV) der gesamten Lieferkette von CDR-Zertifikaten spezialisiert, von der anfänglichen Projektunterstützung und Due-Diligence bis hin zur umfassenden digitalen Nachverfolgung und unabhängigen Überprüfung durch Dritte. Mit seiner datengesteuerten digitalen Infrastruktur bietet Carbonfuture Überwachungs-, Berichts- und Verifizierungsdienste (Carbonfuture MRV+) an, um die Integrität, Transparenz und die Wirksamkeit von CDR-Zertifikaten zu gewährleisten. Durch das Angebot von diversifizierten dauerhaften CDR-Zertifikat-Portfolios, welche durch mehrjährige sogenannte Offtake Kaufverträge angeboten werden, bringt Carbonfuture CDR Lieferanten mit Käufern zusammen. Carbonfuture wurde 2020 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Freiburg, Deutschland, mit Büros in Zürich und San Francisco.
Fallstudie
Wie Carbonfuture den Portfolio-Übergang von Swiss Re zu dauerhaften CDR-Zertifikaten unterstützt
Swiss Re, ein führender Rückversicherungsanbieter, kompensiert ihre betrieblichen Emissionen seit 2003 mit CO2-Zertifikaten. Jetzt gehen sie Schritt für Schritt von der CO2-Vermeidung zu dauerhaften CO2-Entferung und -Speicherung (CDR-Zertifikaten) über und streben ein Portfolio an, das bis 2030 zu 100 % aus dauerhafter CO2-Entnahme (CDR) besteht. Dieser Übergang wird durch den internen CO2-Preis von Swiss Re, den sogenannten Carbon Steering Levy, vorangetrieben, der Anreize zur Emissionsreduzierung schafft und gleichzeitig das CO2-Kompensationsinvestmentportfolio finanziert. Der Anteil an dauerhaften CDR wird jährlich um 10 % steigen - von 0 % im Jahr 2020 auf 100 % im Jahr 2030, wodurch eine strukturierte Umstellung nach dem Like-for-Like Prinzip gewährleistet wird.
Swiss Re war im Jahr 2021 der Pionier bei dem weltweit ersten langfristigen Kaufvertrag zur CO2-Entnahme (CDR) und verpflichtete sich gegenüber Climeworks, 10 Millionen US-Dollar über 10 Jahre zu investieren. Im Jahr 2023 erweiterten sie ihre Bemühungen durch eine wegweisende Partnerschaft mit Carbonfuture und dem Hauptlieferanten Exomad Green, dem weltweit grössten Anbieter von Pflanzenkohle zur CO2-Entnahme (BCR). Diese Partnerschaft gewährt Swiss Re Zugang zu mehreren hochwertigen CDR Projekten im Rahmen eines einzigen Rahmenvertrags, der mit 70'000 Tonnen Biokohle-CO2-Entnahme-Zertifikate beginnt.
Zusammenfassung
Warum führende Unternehmen in dauerhafte CDR-Zertifikate investieren
Aus folgenden Hauptgründen investieren führende Unternehmen heute bereits in dauerhafte CDR-Zertifikate: Risikominimierte Versorgung durch maximale Transparenz: Die digitale Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung (dMRV) der CDR-Zertifikate über eine zentrale Platform gewährleistet die Rechenschaftspflicht und stärkt das Vertrauen der Käufer und deren Investoren und Interessengruppen.
- Langfristige Preisstabilität: Eine vorhersehbare Kostenplanung unterstützt die Budgetplanung und schützt die Unternehmen vor potentiellen künftigen Kostenschwankungen.
- Anpassbare CO2-Kompensations-/CDR Portfolios: Anbieter wie Carbonfuture bieten eine flexible Vertragsgestaltung an, die es Unternehmen ermöglicht, mehrere CDR-Lösungen im Rahmen einer einzigen Vereinbarung zu integrieren, um die Beschaffung zu rationalisieren und das Risiko eines möglichen Lieferengpasses zu minimieren.
Unternehmen, die heute in nachhaltige CDR investieren, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil - sie sichern die Versorgung, stabilisieren die Kosten und verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil in einer sich rasch wandelnden Regulierungslandschaft.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zu CO2-Zertifikaten
Wie kann ich feststellen, welche Projekte von hoher Qualität sind? Hochwertige CO2-/CDR-Zertifikate werden in unabhängigen digitalen Monitoring, Reporting und Verifizierungs (MRV)-Systemen registriert, welche eine end-to-end Überprüfung, sowie eine Verifizierung und Zertifizierung durch Drittparteien gewährleisten. Eine detaillierte Nachverfolgung und eine transparente Verwahrungskette für jedes CO2-Zertifikat/CO2-Entnahme-Zertifikat gewährleisten die Wirksamkeit und die Erreichung der versprochenen Klimawirkung.
Welche Vorteile hat die Diversifizierung eines CO2-Kompensationsportfolios? Ein diversifizierter Portfolio-Ansatz kann Ihre Klimainvestitionen vor regulatorischen Änderungen und wechselnden Marktbedingungen schützen. Es ermöglicht Unternehmen, unterschiedliche Technologiekosten über die Zeitschiene auszugleichen und die Exponierung gegenübereinzelnen Projekten (z.B. aus geopolitischer Sicht) zu begrenzen.
Wie viel kostet die CO2-Entnahmeim Vergleich zur CO2-Vermeidung? Der Preis pro Tonne oder pro CO2-/CDR Zertifikat ist für sogenannte CDR oder Negativ-Emissions-Technologien bedeutend höher als für CO2-Vermeidungszertifikate. Der Hauptgrund liegt in den relativ hohen Technologiekosten für die dauerhaften CDR-Zertifikate, v.a. für die die CO2-Entnahme und die Speicherung, aber auch für den CO2-Transport. Ein weitere Kostenpunkt entsteht durch die relativ aufwendige Nachverfolgung und die Datentransparenz eines verwendeten MRV-Systems. Der dauerhafte Nutzen für das Klima und das reduzierte potenzielle «reversal risk» = Risko, dass CO2 mit der Zeit wieder in die Atmosphäre gelangt, im Zusammenhang mit dauerhaften CDR-Zertifikaten bedeutet jedoch, dass die langfristigen Kosten für CDR letztendlich sogar niedriger sein könnten als für CO2-Vermeidungszertifikate. Siehe auch hier das Like-for-Like Prinzip.
Woher weiss ich, dass meine Investition eine dauerhafte Klimawirkung haben wird? Durch die Konzentration auf verifizierte, dauerhafte und durch umfassende Daten gestützte CO2-Zertifikate können Unternehmen die Integrität und Qualität ihrer CO2-Investitionen sicherstellen.. Digitale MRV-Systeme stellen sicher, dass CO2-Zertifikate die best-practice Standards einhalten und die neusten freiwilligen, sowie regulatorischen Anforderungen entsprechen. Siehe z.B.
Kontakt
Fragen zu dauerhaften CDR-Zertifikaten als Tool, um Netto-Null zu erreichen? Nehmen Sie direkt Kontakt mit unserer Carbon Markets Expertin auf:
Eva van der Want, Senior Business Development Manager, Carbon Markets, SIX